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Die Wichtigkeit von Verbindung(en) - Warum wir einander brauchen

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
11.2.25
12 Minuten Lesezeit
Eine schwarze und eine weiße Hand halten sich über die kleinen Finger fest und sind verbunden.

Als Menschen sind wir von Natur aus soziale Wesen. Wir brauchen echte Verbindungen. Und doch leben wir in einer Zeit, die geprägt ist von Individualismus, Isolation und zunehmender gesellschaftlicher Spaltung (die aktuelle politische Situation in Deutschland (und der Welt) zeigt uns deutlich, wie tief diese Gräben bereits sind). Privat und in meiner Arbeit erlebe ich täglich, wie sehr unsere persönliche Heilung davon abhängt, dass wir uns wieder tiefer mit uns selbst und mit anderen verbinden. In diesem Artikel möchte ich mit dir erkunden, warum echte Verbindung so wichtig für unsere Heilung ist – als Individuen und als Gesellschaft – und wie wir Schritt für Schritt wieder in mehr Verbindung kommen können.

Warum Verbindung für unser Nervensystem so wichtig ist

Unser Nervensystem ist von Geburt an darauf ausgelegt, sich in Beziehung zu regulieren. Wenn wir geboren werden, ist unser Nervensystem noch komplett unausgebildet. Wir können uns nicht selbst regulieren, sondern sind auf die Co-Regulation durch unsere Bezugspersonen angewiesen. Ohne Co-Regulation können sich Babys und Kinder nicht sicher und geborgen fühlen.

Und auch wenn sich das viele Menschen heute nicht eingestehen können: auch als Erwachsene brauchen wir andere Menschen, um uns sicher und geborgen zu fühlen.

Evolutionär betrachtet war das Überleben unserer Vorfahren eng mit ihrer Zugehörigkeit zu einem Stamm oder einer Gemeinschaft verbunden. Allein zu sein bedeutete oft den sicheren Tod – sei es durch Raubtiere, fehlende Ressourcen oder die Unfähigkeit, sich selbst zu versorgen. Unser Nervensystem hat diese uralte Programmierung bis heute nicht vergessen. Wenn wir uns isoliert und von unserer "Community" getrennt fühlen, kann unser Nervensystem dies als existenzielle Bedrohung wahrnehmen.

In meinem früheren Artikel über das Nervensystem habe ich bereits erklärt, dass unser autonomes Nervensystem ständig damit beschäftigt ist, unsere Umgebung nach Signalen von Sicherheit oder Gefahr abzusuchen. Die Anwesenheit vertrauter Menschen, die uns wohlgesonnen sind, sendet dabei eines der stärksten Sicherheitssignale überhaupt. Fehlen diese Verbindungen oder fühlen wir uns von unserer Gemeinschaft ausgeschlossen, kann dies Stress- und Angstzustände auslösen, die sich in körperlichen und emotionalen Symptomen äußern.

Heilung geschieht in Beziehung

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Trauma-Forschung ist, dass viele unserer tiefsten Wunden in Beziehungen entstanden sind – und dass echte Heilung oft nur durch neue, sichere Beziehungserfahrungen möglich ist. Das bedeutet nicht, dass wir uns mit Menschen versöhnen müssen, die uns verletzt haben. Vielmehr brauchen wir neue, gesunde Beziehungen, in denen wir lernen können, dass Verbindung auch sicher und nährend sein kann.

Diese Erkenntnis durfte ich selbst in den vergangenen Jahren immer wieder machen. Ich habe viel Zeit in Therapie- und Coaching-Sessions verbracht, um alte Themen und Traumata aufzuarbeiten. Diese sicheren Räume mit für mich sicheren Menschen waren wichtig, um mich den schmerzlichen Erlebnissen aus meiner Vergangenheit überhaupt widmen zu können! Nur so habe ich wichtige Erkenntnisse über mich und meine Muster erhalten und tiefe Blockaden lösen können. Und danach konnte ich noch mehr Heilung außerhalb meiner Sessions erleben – im Kontakt mit Menschen, die ebenfalls auf der Suche nach echter Heilung und – noch wichtiger – echten Beziehungen waren. Viele meiner Wunden durften in neuen, sicheren Beziehungen heilen!

Diese Erfahrungen haben auch meine Arbeit als Breathwork-Coach stark geprägt. Ein wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit heute ist die Schaffung sicherer Räume, in denen Menschen zusammenkommen, sich zunächst wieder mit sich selbst und dann auch mit anderen verbinden können.

Meine Online Breathwork-Ausbildung ist ein wundervolles Beispiel dafür: über zwölf Monate gehen die Teilnehmer*innen gemeinsam auf eine tiefe, persönliche Reise. Dabei erlebe ich immer wieder, wie Menschen durch die Erfahrung von echter Verbindung – zu sich selbst, ihrem Atem und der Gruppe – tiefgreifende Transformationen erleben. Oft sind es gerade diese Momente des Verbunden-Seins, die den größten Unterschied machen.

„Svenja schafft mit ihrem Sein und ihrer Ausbildung einen Raum für so viel mehr als “nur” ein Training. Sie schafft Raum für Wachstum, Heilung, Wissen und vor allem für eine sehr besondere, kraftvolle Reise zu einem Selbst. Ich habe wieder einen Zugang zu mir bekommen, ich habe Menschen kennengelernt, die die gleiche Vision vom Leben haben, ich habe Freunde gefunden, ich durfte über mich hinauswachsen. Und diesen Raum hat sie geschaffen und gehalten mit einer so authentischen, liebevollen und wertschätzenden Art, dass ich wirklich jedem, der überlegt eine Breathwork Reise zu beginnen, Svenja aus tiefstem Herzen empfehlen kann.” - Alina Brack

Wenn wir gemeinsam atmen, schaffen wir einen Raum, in dem Heilung geschehen kann.

Von der individuellen zur kollektiven Heilung

Wenn wir beginnen, uns wieder sicher in Beziehungen zu fühlen, hat das Auswirkungen weit über uns selbst hinaus. Vor kurzem habe ich ein Zitat vom Dalai Lama gelesen, das dies bezüglich so gut passt und mich tief berührt:

"When our community is in a state of peace, it can share that peace with neighboring communities, and so on. When we feel love and kindness towards others, it not only makes others feel loved and cared for, but it helps us also to develop inner happiness and peace."

Persönliche Heilung und gesellschaftliche Transformation sind untrennbar miteinander verbunden.

Je mehr sich Menschen sicher und verbunden fühlen, desto eher sind sie in der Lage, auch anderen mit Offenheit und Mitgefühl zu begegnen.

Gerade in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung ist es wichtig zu verstehen, dass der Wunsch nach Verbindung und Zugehörigkeit ein zutiefst menschliches Bedürfnis ist. Wenn Menschen sich ausgegrenzt und nicht gehört fühlen, suchen sie oft Zuflucht in extremen Positionen oder in Gruppierungen, die ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit versprechen.

Damit will ich nicht sagen, dass dies eine Entschuldigung oder Rechtfertigung für Menschenverachtende oder -gefährdende Ansichten ist! Natürlich nicht! Wenn du mir schon länger folgst, weißt du, dass ich mich klar gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit, Ableismus und jegliche andere Form der Diskriminierung positioniere und dafür in meiner Community keinerlei Raum lasse!

Um als Individuen und als Kollektiv heilen zu können, müssen wir verstehen, dass jede einzelne Person und jedes Lebewesen auf diesem Planeten wertvoll ist und dass für jede Person und ihre Identität Platz ist.

Praktische Schritte in Richtung mehr Verbindung

Der Weg zu mehr Verbindung beginnt mit uns selbst. Mit unserer eigenen Heilung. Dabei ist wichtig zu erkennen, dass jeder (Heilungs-)Weg anders aussieht! Es gibt nicht den einen Weg oder das eine Werkzeug, das für alle Menschen passt!

Ich habe auf meiner persönlichen Entwicklungsreise mittlerweile eine Vielzahl von Techniken kennengelernt, die dazu beigetragen haben, meine Heilung voranzutreiben. Zwei davon sind Breathwork und Somatic Experiencing. Beide fließen in meine eigene Arbeit rein, mit der ich Menschen auf ihren Reisen begleite.

Wenn du unsicher bist, wo du starten sollst, empfehle ich dir die Entwicklung deiner eigenen Atempraxis. Eine regelmäßige Atempraxis kann dir helfen, wieder in Kontakt mit deinem Körper und deinen Gefühlen zu kommen. In meinem kostenlosen "Take a Breath" Online-Kurs findest du erste einfache Übungen, mit denen du deine Selbstverbindung stärken kannst.

Darüber hinaus können wir aktiv daran arbeiten, unsere Beziehungsfähigkeit zu stärken. Das bedeutet nicht, dass wir mit allen Menschen einer Meinung sein müssen. Vielmehr geht es darum, präsent zu bleiben, auch wenn Unterschiede auftauchen, und nach dem zu suchen, was uns verbindet statt nach dem, was uns trennt (natürlich immer unter der Voraussetzung, dass alle Personen die Existenz, Würde und Grundrechte der anderen als Basis verstehen!).

Zum Ende möchte ich nochmal einen Punkt vom Beginn dieses Artikels aufgreifen: Ein wichtiger Aspekt im Kontakt mit Menschen ist die Co-Regulation. Wenn wir uns mit Menschen umgeben, deren Nervensystem reguliert ist, kann dies auch uns helfen, in einen Zustand von Sicherheit und Entspannung zu kommen. Das ist einer der Gründe, warum Gruppenformate in der Heilungsarbeit so kraftvoll sein können.

Mehr Mut für echte Verbindungen

Echte Verbindung braucht Mut. Den Mut, uns zu zeigen, wie wir sind. Mit allen Verletzungen und Schatten. Den Mut, andere so zu sehen, wie sie sind. Und manchmal auch den Mut, über unseren eigenen Schatten zu springen und die Hand nach jemandem auszustrecken, auch wenn wir uns unsicher fühlen.

Ich mag dich an dieser Stelle einladen, dir einen Moment Zeit zu nehmen und zu reflektieren:

Wo in deinem Leben sehnst du dich nach mehr Verbindung? Was hält dich aktuell vielleicht noch davon ab? Welchen ersten kleinen Schritt könntest du heute gehen, um mehr Verbindung in dein Leben einzuladen?

Teile gerne deine Gedanken und Erfahrungen in den Kommentaren. Lass uns gemeinsam erkunden, wie wir als Individuen und als Gemeinschaft wieder in tiefere Verbindung kommen können.

Alles Liebe,

deine Svenja

Ein Hinweis: In den Kommentaren möchte ich einen sicheren Raum für ehrlichen Austausch bewahren. Kommentare, die andere Menschen oder Gruppen abwerten oder Hass verbreiten, werden nicht veröffentlicht und direkt gelöscht.

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
11.2.25
12 Minuten Lesezeit