Taylor Swift als Inspiration für eine neue Welt - eine feministische Perspektive
Ich gebe es direkt zu: Ich bin ein riesiger Taylor Swift Fan! Es gibt Lieder von ihr, die mich jedes Mal, wenn ich sie höre, berühren und die mir helfen, persönliche Erfahrungen zu verarbeiten (und dabei geht es nicht ausschließlich um Liebeskummer, wie viele Nicht-Fans gerne annehmen).
Dieses Jahr hatte ich das große Privileg, sie im Sommer bei ihrer Eras Tour in London live zu erleben - ein Event, das mich tief berührt und inspiriert hat. Mit über 89.000 Menschen in Wembley gemeinsam „Fuck the Patriarchy“ zu rufen (eine Liedzeile aus dem Song „All too Well“, das zu meinen absoluten Lieblingsliedern von ihr gehört), war eines von vielen Highlights an dem Abend. Für mich war es eine besondere Form von Therapie und eine sehr heilsame Erfahrung.
Taylor hat sich im Laufe ihrer Karriere konstant künstlerisch weiterentwickelt. Von ihren Country-Anfängen über Pop bis hin zu Indie-Folk-Experimenten auf den Alben "folklore" und "evermore" – sie hat keine Angst vor Veränderungen – und das hat sich mit einer treuen Fan-Base ausgezahlt. Ihre Songtexte sind von unglaublicher emotionaler Tiefe und Authentizität geprägt - sie verwandelt ihre persönliche Erfahrungen in Kunst, die Millionen Menschen berührt und ihnen hilft, ihre eigenen Gefühle besser zu verstehen.
In diesem Artikel möchte ich mit dir teilen, warum ich Taylor Swift für eine sehr wichtige feministische Stimme unserer Zeit halte und sie als große Inspiration für mich und meine Arbeit empfinde. Außerdem möchte ich darauf eingehen, was wir meiner Meinung nach von ihr und ihrem Weg über Selbstermächtigung lernen können.
#1 Vom "Good Girl" zur selbstbestimmten Frau
Wer Taylor Swifts Geschichte und Karriere mitbekommen hat, weiß, dass sie schon einen sehr langen Weg hinter sich hat. Von der Anpassung an gesellschaftliche Erwartungen hin zu authentischer Selbstermächtigung.
Sie startete als "America's Sweetheart", die versuchte, es allen recht zu machen und dabei von anderen Personen in der Branche übergangen und ausgenutzt wurde. Heute steht sie selbstbewusst für ihre Überzeugungen ein und nutzt ihre Stimme, um toxische Machtstrukturen in der Musikindustrie aufzudecken.
Taylor Swifts Entwicklung spiegelt den Weg wider, den viele FLINTA* Personen in unserer patriarchalen Welt gehen müssen. Der Weg vom People-Pleasing zur Authentizität ist oft schmerzhaft, aber unglaublich befreiend. Taylor zeigt uns, dass es möglich ist, die eigene Verletzlichkeit in Stärke zu verwandeln.
#2 Der Kampf um Selbstbestimmung und faire Strukturen
Ein Wendepunkt in Taylors Karriere war ihr öffentlicher Kampf um die Rechte an ihrer eigenen Musik. Sie machte transparent, wie die Musikindustrie - dominiert von männlichen Geschäftsleuten - junge Künstler*innen ausnutzt.
Statt sich dem System zu beugen, hat sie ihre alten Alben neu aufgenommen und als „Taylor’s Version“ veröffentlicht. Die neuen Alben sind nicht nur ein geschäftlicher Erfolg, sondern meiner Meinung nach auch ein kraftvolles Statement für Selbstbestimmung.
#3 Eine neue Art von Führung
Was ich an Taylor und ihrer Arbeit besonders schätze ist, dass Taylor ihren Erfolg nutzt, um andere zu unterstützen.
Sie zahlt nicht nur faire Löhne an ihre Crew und ist unglaublich großzügig, was Bonus-Zahlungen angeht (sie soll ihrer Crew zum Abschluss der Eras Tour insgesamt fast 200 Millionen Dollar als Dankeschön ausgezahlt haben – von den LKW-Fahrern, die die Bühnen von Stadt zu Stadt fuhren, bis hin zu ihren Tänzer*innen, Sängerinnen und Band-Mitgliedern). Sie spendet auch regelmäßig riesige Summen für wohltätige Zwecke (z. B. an Kinderkrankenhäuser oder Unterstützungs-Organisationen wie nach dem Hurricane in Miami im Oktober 2024). Sie nutzt ihr Geld nicht nur für sich selbst, sondern um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Außerdem unterstützt und fördert sie regelmäßig junge Künstlerinnen und setzt sich für bessere Bedingungen in der Musik-Industrie und im Streaming ein.
Sie zeigt eine Form von Führung, die auf Zusammenhalt und gegenseitiger Unterstützung basiert - ein Gegenentwurf zu den toxischen patriarchalen Führungsstrukturen, die wir an so vielen Stellen in der Welt heute immer noch sehen (sowohl in Organisationen als auch in der Politik).
#4 Sichere Räume und Vorbildfunktion in der Musikindustrie
Als eine der erfolgreichsten Künstlerinnen weltweit inspiriert Taylor Swift Frauen, in einer oft männlich dominierten Branche selbstbewusst ihren Platz einzunehmen.
Ihre Wirkung geht jedoch weit über die Musikindustrie hinaus: Ihre Konzerte sind zu einem besonderen Safe Space für FLINTA* Personen geworden. Was von außen manchmal belächelt wird - das Tauschen selbstgemachter Freundschaftsarmbänder, die gemeinsamen Gesänge, die gegenseitige Unterstützung - schafft in Wirklichkeit etwas unglaublich Wertvolles: Einen Raum, in dem sich FLINTA* Personen sicher, verstanden und gesehen fühlen können.
Diese Erfahrung wird von manchen Männern gerne ins Lächerliche gezogen - was am Ende nur zeigt, wie wenig Verständnis noch immer für die Bedeutung solcher sicheren Räume existiert und wie wichtig diese für uns wirklich sind!
#5 Musik als Werkzeug für Veränderung
Und schließlich möchte ich noch einen Punkt aufgreifen, den ich ebenfalls an ihrer Musik schätze: Taylor Swift spricht mit ihrer Musik immer wieder auch gesellschaftliche Missstände an.
In dem Lied "The Man" setzt sie sich kritisch mit der unterschiedlichen Wahrnehmung von Männern und Frauen in der Gesellschaft auseinander - wie würden ihre eigenen Handlungen bewertet werden, wäre sie ein Mann?
Mit "Only the Young" hat sie eine Hymne für junge Menschen geschaffen, die in politisch herausfordernden Zeiten nicht aufgeben sollen. Und auch mit Liedern wie "You Need To Calm Down" (in denen sie sich für LGBTQ+ Rechte ausspricht) und "Miss Americana & The Heartbreak Prince" (in denen sie einige politische Metaphern nutzt) zeigt sie ihre Bereitschaft, sich für wichtige gesellschaftliche Themen einzusetzen.
Ein paar Gedanke zu möglicher Kritik an Taylor Swift
An dieser Stelle mag ich noch etwas ansprechen, was mir immer wieder auffällt, wenn Menschen Taylor Swift bewundern oder sie inspirierend finden – es kommt fast immer sofort ein Gegenargument, warum sie nicht perfekt ist, wenn nicht sogar ein verbaler Angriff, warum sie problematisch sei.
Und ja, es gibt sicher Aspekte, für die Taylor Swift kritisiert werden kann - ihre Privatjet-Nutzung und ihr Beitrag zum Klimawandel oder die kapitalistischen Vermarktungsstrategien, die hinter jeder Berühmtheit stehen.
Ich entscheide mich bewusst, diese Kritikpunkte hier nicht zu vertiefen, weil ich beobachte, wie oft wir – Männer wie Frauen - dazu neigen, erfolgreiche Frauen härter zu kritisieren als Männer in vergleichbaren Positionen.
Wie oft hinterfragen wir die Privatjet-Nutzung männlicher Milliardäre? Wie oft kritisieren wir das Marketing männlicher Künstler? Wie oft kritisieren wir, wie sich Männer in der Öffentlichkeit anziehen oder verhalten? Wie oft kritisieren wir Männer dafür, dass sie sich (manchmal scheinbar völlig irrational) in ihrem Star-Wahn verlieren? (in Deutschland sieht man das sehr gut beim Fußball, finde ich) – Die Wahrheit ist: nicht sehr oft.
Und wie oft kritisieren wir weibliche Stars für ihre Arbeit, ihren Körper oder ihren Einfluss? Und wie oft werden Fans von weiblichen Stars kritisiert oder nicht ernst genommen? – Sehr viel öfter.
Diese unterschiedlichen Maßstäbe sind ein Ausdruck internalisierter Misogynie (Frauenfeindlichkeit oder Frauenhass), die wir aktiv reflektieren müssen! Und ja, den tragen auch wir weiblich gelesenen Personen in uns, denn unsere Gesellschaft hat das sehr stark verinnerlicht und macht das an sehr vielen Stellen sehr deutlich (z. B. bei der Diskussion, ob Menschen mit Uterus selbst über ihre Reproduktionsrechte bestimmen dürfen sollten…)!
Inspiration für kollektive Transformation
Zum Abschluss dieses Artikels möchte ich nochmal mit dir darauf schauen, was wir von Taylor Swift für unsere eigene Entwicklung und die Gestaltung einer gerechteren Welt lernen können:
- Die Kraft der Authentizität: Wenn wir aufhören, es allen recht machen zu wollen und beginnen, wirklich wir selbst zu sein und unsere Meinung zu vertreten, gewinnen wir echte Stärke. Und natürlich wird das nicht jeder Person in unserem Umfeld gefallen. Gleichzeitig wird es neue Menschen in unser Leben ziehen, die uns dafür feiern, wer wir wirklich sind.
- Verletzlichkeit als Stärke: Wir alle haben Verletzungen und Schattenseiten. Unsere persönlichen Geschichten und Gefühle sind wertvoll und können andere inspirieren, ebenfalls mehr für sich und ihre Bedürfnisse einzustehen.
- Gemeinschaft statt Konkurrenz: Echter Wandel kann nur entstehen, wenn wir uns gegenseitig unterstützen statt gegeneinander zu arbeiten. Das gilt nicht nur im Beruf, sondern in jedem Bereich unseres Leben. Das gilt nicht nur für Familienmitglieder und Freund*innen, sondern auch für Nachbarn, Menschen auf der Straße mit einem anderen Hintergrund, Menschen mit weniger Privilegien als wir sie haben…
- Die Bedeutung klarer Grenzen: Nein sagen zu können und für die eigenen Rechte einzustehen ist essenziell. Und natürlich weiß ich, dass gerade dieser Punkt nicht einfach ist – wir leben in einer Gesellschaft, in der Aufopferungsbereitschaft und Produktivität vor dem individuellen Wohl und den eigenen Bedürfnissen steht. Dies zu verändern (und dabei nicht das Gemeinschaftswohl komplett aus den Augen zu verlieren) braucht echte (innere) Arbeit.
- Mut zur Weiterentwicklung: So wie Taylor sich musikalisch immer wieder neu erfindet, können auch wir den Mut haben, uns weiterzuentwickeln und neue Wege zu gehen - beruflich wie privat. Veränderung ist nicht nur möglich, sondern oft auch notwendig für persönliches Wachstum.
- Aktives Engagement für Veränderung: Wir können unsere jeweiligen Plattformen - sei es in sozialen Medien, im Beruf oder im privaten Umfeld - nutzen, um uns aktiv für eine gerechtere Welt einzusetzen. Dabei geht es nicht nur darum, Missstände anzusprechen, sondern auch darum, konkrete Veränderungen anzustoßen. Wenn wir in privilegierten Positionen sind, können wir diese nutzen, um anderen den Weg zu ebnen und Strukturen zu verändern.
- Schaffung sicherer Räume: Wir alle können dazu beitragen, Räume zu schaffen, in denen sich Menschen sicher, verstanden und akzeptiert fühlen. Und auch das kann (und muss) im kleinen Rahmen beginnen - in unseren Freundeskreisen, Arbeitsumgebungen oder Communities.
Für mich zeigt Taylor Swift uns eine Vision, wie weibliche Führung und Erfolg aussehen können - nicht durch Anpassung an patriarchale Strukturen, sondern durch das Schaffen neuer, inklusiverer Wege. Sie zeigt uns, dass persönliche Heilung und gesellschaftlicher Wandel Hand in Hand gehen können.
Was ist deine Perspektive auf Taylor Swift? Welche Aspekte ihrer Entwicklung inspirieren dich? Ich freue mich auf deine Gedanken in den Kommentaren.
Viele liebe Grüße,
deine Svenja
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