Zurück zu allen Artikeln

Heilung als politische Handlung – warum ich meine Arbeit mache

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
3.12.24
10 Minuten Lesezeit
Bild von mehreren Fußpaaren, die über den Asphalt gehen, jede Person trägt unterschiedliche Socken in Farben der LGBTQIA*-Community.

Als Breathwork-Coach ist es einfach, den Fokus meiner Arbeit auf individuelle Heilungs- und Transformationsreisen zu legen. Im heutigen Blogartikel möchte ich einen anderen wichtigen Aspekt aufgreifen und damit in die tieferen Beweggründe meiner Arbeit eintauchen und dir zeigen, wie eng diese mit politischen und gesellschaftlichen Fragen verwoben ist.

In der Wellness- und Coaching-Branche stoßen wir oft auf den Begriff der "individuellen Heilung". Menschen werden „eingeladen“ oder „aufgefordert“ sich auf ihren persönlichen Heilungsweg zu begeben und selbst Verantwortung zu übernehmen. Das ist wundervoll, denn häufig vergessen wir, wie viel wir selbst für uns und unsere Heilung tun können. Gleichzeitig übersehen wir jedoch häufig den größeren (strukturellen) Kontext… und darum soll es heute gehen!

Mein Ausgangspunkt: Ein Bewusstsein für Privilegien

"Privilegien" beschreiben Vorteile, die Personen aufgrund bestimmter Merkmale wie ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder ihrer sozialer Herkunft genießen, ohne dass sie aktiv etwas dafür tun müssen. Diese Vorteile sind oft unsichtbar für diejenigen, die sie haben, beeinflussen aber maßgeblich die Chancengleichheit in unserer Gesellschaft.

Als weiße cis-Frau mit Hochschulabschluss befinde ich mich in der Wellness- und Coaching-Branche in einer Position, die mich mit zahlreichen Privilegien ausgestattet hat, die anderen Menschen verwehrt werden.

Seit ich begonnen habe, mich mit meinen Privilegien auseinanderzusetzen, ist mein Bewusstsein dafür größer geworden, dass ich auch eine gewisse Verantwortung trage. Eine Verantwortung, diese Privilegien bewusst einzusetzen, um strukturelle Ungleichheiten anzugehen und inklusivere, sicherere Räume zu schaffen.

Während viele Coaches und Breathworker davon sprechen, „sichere Räume für alle Menschen“ anzubieten, ist es wichtig zu verstehen, dass dafür eben auch ein gewisses soziales und strukturelles Verständnis nötig ist und das simple Ausschreiben von „sicheren Räumen“ nicht der Endpunkt ist.

Stattdessen liegt hier meiner Meinung nach der Beginn für soziales und politisches Engagement.

Mein Ansatz: Heilung als politisches Engagement

Meine persönliche Reise im Breathwork hat mir gezeigt, dass die Arbeit an uns selbst eine tiefgreifende Kraft zur Veränderung birgt. Doch wahre Transformation erfordert mehr als nur persönliches Wachstum. Sie verlangt einen gesellschaftlichen und strukturellen Wandel! Und der entsteht durch den Einsatz FÜR die Gesellschaft – für eine Welt, die von Gerechtigkeit, Chancengleichheit und nachhaltigem Leben geprägt ist.

Ich habe dieses Beispiel schon öfter geteilt: Wenn wir uns ausschließlich auf unser Meditationskissen zurückziehen, verändern wir außerhalb unseres eigenen Lebens nichts. (Und ob sich was in unserem eigenen Leben verändert, stellen wir übrigens auch nur entfernt vom Meditationskissen fest!)

Wenn wir uns generell aus der Welt zurückziehen, weil wir uns mit den negativen, unkomfortablen Ereignissen (seien es die Kriege, Krisen, Pandemien oder die Umweltkrise) nicht auseinandersetzen wollen, bleiben die Menschen im Vordergrund, die von diesen Krisen und Kriegen profitieren. Wir verändern die Welt nicht, indem wir nicht auch für das Kollektiv einen Beitrag leisten.

Meine Arbeit geht über die individuelle Heilung hinaus und berührt die politische Ebene. Ich glaube fest daran, dass persönliche Transformation und sozialer Wandel Hand in Hand gehen müssen. Durch mein Engagement als Breathwork-Coach möchte ich nicht nur individuelle Heilungsprozesse unterstützen, sondern auch Bewusstsein für größere gesellschaftliche Themen schaffen und aktiv an deren Veränderung mitwirken.

Solidarische Räume schaffen

Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit besteht darin, möglichst sichere und inklusive Räume für Menschen aus marginalisierten Gruppen zu schaffen. Dies bedeutet für mich unter anderem, immer wieder darauf zu achten, dass meine Angebote zugänglich sind, zum Beispiel durch vergünstigte Preise oder Stipendienplätze. Es geht darum, eine Umgebung zu schaffen, in der sich jede*r willkommen und gehört fühlt, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sozialem Status. Das ist nicht immer einfach und gleichzeitig kann ich es mir nicht anders vorstellen.

Die Teilnehmer*innen meiner Ausbildung wissen, dass es eines meiner größten Bestreben ist, einen warmen, offenen und wertfreien Raum für alle in unseren Seminaren zu kreieren. Und sie haben schon erlebt, wie ich sehr leidenschaftlich werde, wenn wir unsere persönlichen Privilegien ignorieren. „Ich manifestiere mir mein Traumleben ganz einfach durch Visualisierung und positive Energie“ ohne Anerkennung der eigenen Privilegien gibt es in meinen Räumen nicht.

Die Verbindung von individueller und kollektiver Heilung

Ich bin überzeugt, dass die Heilung des Einzelnen einen direkten Einfluss auf das kollektive Wohlbefinden haben kann. Jede persönliche Transformation kann (und sollte) dazu beitragen, das Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit zu schärfen und das Fundament für einen umfassenderen gesellschaftlichen Wandel zu legen.

Neben meiner Arbeit als Coach bin ich Mitglied in einer Partei und setze mich politisch ein, um aktiv einen Einfluss auf unsere Politik und Gesellschaft zu nehmen.

Gleichzeitig darf die individuelle Heilung nicht isoliert betrachtet werden – sie ist eng mit den strukturellen Bedingungen unserer Welt verknüpft.

„Strukturelle Ungleichheit“ beschreibt systematische Benachteiligungen bestimmter Gruppen durch gesellschaftliche Institutionen, die sich in verschiedenen Bereichen wie Bildung, Gesundheitswesen und Wirtschaft manifestieren.

Strukturelle Probleme wie soziale Ungleichheit, Rassismus und die Klimakrise erfordern kollektive Lösungen. Sie sind tief in den Systemen unserer Welt verwurzelt und lassen sich nicht allein durch individuelle Anstrengungen lösen.

Die Klimakrise zeigt zum Beispiel sehr deutlich, dass wirksamer Umweltschutz nur durch globales, gemeinschaftliches Handeln erreicht werden kann, das über das Ausschalten von Lichtern oder Trennen von Müll in Privathaushalten hinausgeht.

Warum ich tue, was ich tue: Ein Versprechen für die Zukunft

Mein Antrieb ist es, eine Welt mitzugestalten, die sicherer und gerechter ist – eine Welt, in der sich jeder Mensch frei entfalten und heilen kann. Dieses Ziel erfordert, dass wir sowohl an uns selbst arbeiten als auch aktiv für Veränderungen in der Gesellschaft eintreten. Indem wir uns auf unseren eigenen Heilungswegen engagieren, erlangen wir die Resilienz und Stärke, die es braucht, um uns auch für das Wohl unserer Gemeinschaften und der Erde einzusetzen.

Meine Arbeit ist mein Beitrag zu diesem Prozess: ein Versprechen, mich nicht nur für die individuelle, sondern auch für die kollektive Heilung einzusetzen. Ich möchte nicht nur eine Brücke zwischen persönlicher Heilung und gesellschaftlichem Engagement bauen, sondern auch andere dazu inspirieren, ihren Teil beizutragen. Deswegen spielt dieses Thema auch hier auf meiner Webseite und in den Inhalten meiner Breathwork-Ausbildung immer wieder eine große Rolle.

Durch Breathwork und bewusstes Atmen öffnen wir nicht nur die Tür zu unserem eigenen Wohlbefinden, sondern auch zu Mitgefühl, Verständnis und dem Mut, für das Gute zu kämpfen.

Dabei sehe ich mich nicht in der Rolle einer „Retterin“, sondern als Verbündete, die ihre Plattform nutzt, um marginalisierte Stimmen zu verstärken und gemeinsam für sozialen Wandel zu kämpfen. Ich verstehe, dass mein Lernprozess niemals abgeschlossen ist. Ich höre zu, lerne und passe meine Praxis an, um sicherzustellen, dass sie wirklich inklusiv ist und nicht unbeabsichtigt zu den Systemen der Unterdrückung beiträgt, die wir zu überwinden suchen.

Vom Wissen zum Handeln: Ein Aufruf zur Aktion

Indem wir uns für unsere eigene Heilung einsetzen und gleichzeitig für soziale Gerechtigkeit kämpfen, tragen wir zu einer Welt bei, in der alle Menschen in Würde und Frieden leben können. Dies ist der Kern meiner Mission, und ich lade dich ein, Teil dieser Bewegung zu sein.

Überlege dir, wie du deine eigenen Privilegien nutzen kannst, um positive Veränderungen zu fördern. Das kann mit dem bewussten Kauf bei lokalen und von Minderheiten geführten Unternehmen beginnen oder mit der aktiven Teilnahme an Workshops und Diskussionen über soziale Gerechtigkeit.

Lass uns gemeinsam den Weg beschreiten – für eine heilende, gerechtere und liebevollere Welt.

Teile gerne in den Kommentaren, wie du diesen Weg bereits jetzt gehst – und inspiriere damit vielleicht auch andere!

Viele liebe Grüße,

deine Svenja

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
3.12.24
10 Minuten Lesezeit