Nervensystem-Regulation in herausfordernden Momenten
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Umgang mit Triggern - Nervensystem-Regulation in herausfordernden Momenten
Wir befinden uns aktuell in einer Zeit, die viele von uns vor große (mentale und emotionale) Herausforderungen stellt. Täglich erreichen uns Nachrichten, die uns beunruhigen, verunsichern oder sogar Angst machen. Ob es die zunehmende Präsenz rechtsextremer Ideologien in unserer Gesellschaft ist, die Klimakrise oder persönliche Herausforderungen – unser Nervensystem wird kontinuierlich mit Reizen konfrontiert, die uns aus unserem Gleichgewicht bringen können.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du in solch herausfordernden Momenten dein Nervensystem regulieren und einen Anker in dir selbst finden kannst. Denn auch wenn die äußeren Umstände oft außerhalb unserer direkten Kontrolle liegen, können wir lernen, besser mit unseren Reaktionen darauf umzugehen.
Das Nervensystem verstehen: Eine kurze Auffrischung
Ich habe in der Vergangenheit schon verschiedene Artikel zu unserem Nervensystem auf meinem Blog veröffentlicht. Wenn du dich mit dem autonomen Nervensystem noch nicht tiefer beschäftigt hast, möchte ich dir zum Einstieg in das Thema diesen Blogartikel ans Herz legen (Link zum Blogartikel).
Zur Erinnerung: Unser autonomes Nervensystem reagiert automatisch auf wahrgenommene Bedrohungen. Diese Reaktionen sind natürlich und wichtig – sie haben unseren Vorfahren das Überleben gesichert und helfen auch uns heute noch, uns vor Gefahren zu schützen.
Was wichtig zu verstehen ist: Es ist völlig normal und gesund, auf bedrohliche Situationen oder Nachrichten mit Aktivierung zu reagieren. Unser Ziel kann und soll nicht sein, nie getriggert zu werden oder in einem dauerhaften Zustand der Entspannung zu verweilen.
Vielmehr geht es darum, Werkzeuge zu entwickeln, die uns helfen, aus der Aktivierung wieder herauszufinden und unser inneres Gleichgewicht wiederherzustellen.
Was sind Trigger?
Trigger sind Reize oder Situationen, die eine starke emotionale oder körperliche Reaktion in uns auslösen. Das können aktuelle Nachrichten sein, die uns Angst um unsere Zukunft machen, soziale Medien, die uns mit beunruhigenden Inhalten überfluten, oder auch persönliche Begegnungen, die alte Wunden berühren.
Dabei ist es auch wichtig zu unterscheiden zwischen alltäglichen Stressoren – wie einem vollen Terminkalender oder einer nahenden Deadline – und tiefergehenden Triggern, die möglicherweise mit früheren Erfahrungen oder (kollektiven) Traumata verbunden sind.
Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Unsicherheit können sich diese verschiedenen Ebenen überlagern und zu einer verstärkten Aktivierung führen.
Erkennen der eigenen Trigger
Der erste Schritt im Umgang mit Triggern ist, sie überhaupt einmal wahrzunehmen und anzuerkennen.
Dein Körper sendet dir dabei in der Regel sehr klare Signale – das können zum Beispiel sein:
- Ein beschleunigter Herzschlag
- Eine flache, schnelle Atmung
- Ein Gefühl der Enge in der Brust
- Schwitzen oder Zittern
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Das Bedürfnis, sich zurückzuziehen oder zu kämpfen
- Gedankenkarussell mit immer wiederkehrenden Gedanken
Je früher du diese Anzeichen bemerkst, desto besser kannst du reagieren und dich unterstützen.
Erste Hilfe bei Triggern
Wenn du bemerkst, dass du getriggert bist, ist einer der wichtigsten Dinge, die du tun kannst, dir selbst mit Mitgefühl zu begegnen. Es ist völlig in Ordnung, dass dein Nervensystem auf (scheinbar) bedrohliche Situationen reagiert – das zeigt nur, dass deine Schutzmechanismen funktionieren.
Eine einfache, aber effektive Maßnahme ist das bewusste Erden oder die Arbeit mit Ressourcen.
Nimm dir dafür einen Moment Zeit, um deine Füße auf dem Boden zu spüren, Kontakt zu deiner aktuellen Sitzfläche aufzunehmen oder einen festen Gegenstand in deiner Nähe zu berühren. Lasse deinen Blick bewusst durch den Raum wandern und nimm deine Umgebung bewusst wahr. Dies hilft deinem Nervensystem, sich im Hier und Jetzt zu orientieren.
Der Atem als Anker
Als Breathwork-Coach möchte ich den Fokus natürlich auch einmal bewusst auf deinen Atem lenken: Er ist dein ständiger Begleiter und ein kraftvolles Werkzeug zur Selbstregulation.
Hier ist eine einfache Übung, die du jederzeit und überall praktizieren kannst, um dich zu regulieren:
- Setze oder lege dich bequem hin.
- Lege eine Hand auf deinen Bauch und eine auf deine Brust.
- Atme langsam und tief durch die Nase ein, sodass sich zuerst dein Bauch und dann dein Brustkorb sanft hebt.
- Atme dann langsam und bewusst durch Nase oder Mund aus. Achte darauf, dass deine Ausatmung möglichst etwas länger ist als deine Einatmung.
- Wiederhole dies für 5-10 Minuten.
Diese Übung hilft dir, dich zu zentrieren und dein Nervensystem zu beruhigen.
Wenn du mehr über Breathwork lernen und erfahren möchtest, wie du deine eigene Atempraxis für deinen Alltag entwickeln kannst, findest du in meinem Artikel „Breathwork für Anfänger*innen“ verschiedene Impulse und Anleitungen (Link zum Blogartikel).
Die Kraft der Co-Regulation
In Momenten hoher Aktivierung ist es besonders wichtig, sich mit anderen Menschen zu verbinden. Unser Nervensystem kann sich in sicheren Beziehungen leichter regulieren. Das kann ein Gespräch mit einer vertrauten Person sein, eine Umarmung oder einfach das Gefühl, nicht alleine zu sein.
Gerade jetzt, wo viele Menschen ähnliche Ängste und Sorgen teilen, ist es wertvoll, sich zusammenzuschließen und gegenseitig zu unterstützen. Das gilt sowohl im privaten Umfeld als auch im größeren gesellschaftlichen Kontext.
Langfristige Strategien zum Umgang mit Triggern entwickeln
Neben den akuten Hilfsmaßnahmen, die ich oben aufgelistet habe, ist es außerdem wichtig, langfristige Strategien zu entwickeln.
Dazu kann gehören, dass du eine regelmäßige Atempraxis entwickelst und regelmäßig mit deinem Nervensystem arbeitest, so dass sich dein Toleranzfenster durch sanfte, bewusste Aktivierung erweitern kann.
Gleichzeitig ist es auch wichtig, sich bewusst mit den eigenen Triggern auseinanderzusetzen und sie verstehen zu lernen – dabei kann es sinnvoll sein, sich bei Bedarf auch professionelle Unterstützung durch erfahrene Therapeut*innen zu suchen. Ich selbst bin ein großer Fan von Somatic Experiencing, einer sanften Methode, die bei der Aufarbeitung von Traumata unterstützend wirkt.
Die Balance finden
Zum Ende mag ich dir auch noch mitgeben, dass die Balance zwischen Akzeptanz und Handlung ein sehr wichtiger Aspekt im Umgang mit Triggern ist. Manchmal ist es wichtig, unsere Gefühle vollständig zu fühlen und "durch den Trigger hindurchzugehen". Manchmal ist es aber auch angebracht, uns bewusst zu regulieren und zu stabilisieren.
Dabei geht es nicht um emotionales Bypassing – also das Überspringen oder Verdrängen unserer Gefühle. Vielmehr geht es darum, einen bewussten Umgang mit unseren Reaktionen zu entwickeln und zu lernen, wann welche Strategie hilfreich ist.
In Zeiten wie diesen, wo viele von uns sich Sorgen um die Zukunft unserer Demokratie und Gesellschaft machen, ist es besonders wichtig, gut für uns selbst zu sorgen. Nur wenn wir selbst stabil und reguliert sind, können wir auch für andere da sein und uns für unsere Werte einsetzen.
Und denk bitte auch daran: Du musst nicht perfekt reguliert sein. Es ist völlig in Ordnung, manchmal überfordert zu sein oder Unterstützung zu brauchen. Sei sanft mit dir selbst und erlaube dir, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn du sie brauchst.
Wenn du merkst, dass deine eigenen Ressourcen nicht ausreichen, zögere nicht, professionelle Unterstützung zu suchen. Es ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche, sich Hilfe zu holen!
Wie gehst du mit getriggerten Momenten um? Welche Strategien haben sich für dich als hilfreich erwiesen? Ich freue mich, wenn du deine Erfahrungen in den Kommentaren mit uns teilst.
Alles Liebe,
deine Svenja
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