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Der sanfte Weg zurück zu uns: Trauma-sensibles Breathwork als Brücke zur Körperweisheit

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
26.11.24
12 Minuten Lesezeit
Eine weiblich gelesene Person mit Sonnenhut geht durch ein Lavendelfeld.

Wir leben in einer Zeit, in der schnelle Transformationen und intensive Erfahrungen oft als der Weg zu persönlichem Wachstum gepriesen werden – häufig mit dem Ziel, das wir weiterhin möglichst gut ins System passen und produktiv bleiben bzw. schnellst möglich wieder produktiv sind. In den letzten Jahren bin ich auf meiner persönlichen Heilungsreise und in der Arbeit mit meinen Klient*innen einen anderen Weg gegangen.

Ich habe mich für einen Ansatz entschieden, der nicht (ausschließlich) durch intensive Durchbrüche und katharische Erlebnisse führt, sondern uns durch sanfte, achtsame Schritte behutsam zurück in die Verbindung mit uns selbst führt. Ich habe einen Ansatz für ein Trauma-sensibles Breathwork gewählt – und darüber mag ich dir heute mehr erzählen.

Wenn der Körper sich nicht sicher anfühlt

Vielleicht kennst du das: Du spürst eine tiefe Sehnsucht in dir. Eine Sehnsucht nach Verbindung, nach dem Gefühl, wirklich bei dir anzukommen. Gleichzeitig fühlt sich dein Körper nicht wie ein sicherer Ort an. Die Vorstellung, tief in dich hineinzuspüren oder intensive Breathwork-Praktiken auszuprobieren, löst eher Unsicherheit oder sogar Angst aus.

Das ist eine Erfahrung, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Als ich in meiner ersten Breathwork-Session saß und der Anleiter mir erzählt hat, wie wir über die Verbindung mit unserem Atem tief in unseren Körper eintauchen und Blockaden und Verletzungen auflösen könnten, wäre ich am liebsten direkt wieder gegangen. Mein Körper fühlte sich definitiv nicht sicher genug dafür an!

Viele transformative Breathwork-Praktiken wie das Holotrope Atmen oder die klassische verbundene Atmung zielen auf kathartische Erlebnisse ab. Und während solch intensiven Erfahrungen für manche Menschen wertvoll sein können, können sie für andere überwältigend sein und uns noch weiter von unserem Körper entfernen, anstatt die ersehnte Verbindung zu schaffen.

Ein anderer Weg: Der Trauma-sensible Ansatz

Hier setzt mein Ansatz eines Trauma-sensiblen Breathworks an. Er basiert auf der tiefen Überzeugung, dass wahre Heilung im sanften und sicheren Kontakt mit unserem innersten Sein beginnt.

Durch die Integration von Techniken aus dem Somatic Experiencing kreiere ich in meiner Arbeit gemeinsam(!) mit meinen Klient*innen einen Raum, in dem sie:

  • Ihrem eigenen Rhythmus folgen können
  • die Verbindung zu ihrem Körper Schritt für Schritt erkunden dürfen
  • selbst bestimmen, wie tief sie gehen möchten
  • jederzeit Pausen machen können.

Der Unterschied zu klassischen Breathwork-Praktiken

Traditionelle Breathwork-Methoden arbeiten oft mit einer sehr intensiven Atmung und zielen auf kraftvolle „Durchbrüche“ ab. Während ich grundsätzlich auch mit der verbundenen Atmung arbeite, unterscheidet sich mein Ansatz in einigen wichtigen Punkten von traditionellen Methoden:

  • Behutsame Annäherung: Statt nach kathartischen Erfahrungen zu suchen, nähern wir uns deinem Inneren sanft und sicher. Wir erkunden Stück für Stück, was dein Körper bereit ist, Preis zu geben, so dass du wirklich wahrnehmen kannst, was in dir passiert, und die Chance hast, aufkommende Empfindungen und Gefühle bewusst zu erleben.
  • Regulation statt Überwältigung: Wir vermeiden die Überflutung deines Systems mit Reizen und schaffen immer wieder Momente der Ruhe und Entspannung. So stellen wir sicher, dass dein System die gemachten Erfahrungen auch langfristig integrieren kann statt einfach einen weiteren Rausch-Moment zu erleben, der am Ende doch nicht viel verändert in deinem Leben.
  • Dein Tempo: Du bestimmst das Tempo deiner Erkundung und wirst dabei achtsam begleitet. Das mag für viele erstmal ungewohnt und komisch erscheinen – schließlich suchen wir alle nach einer schnellen Lösung. Echte Veränderung braucht aber Zeit und Bewusstheit.

Die Bedeutung von Wahlfreiheit und Selbstbestimmung

Eine der wichtigsten Aspekte in der Trauma-sensiblen Breathwork-Arbeit ist die Möglichkeit, selbst zu bestimmen! Wenn Menschen traumatische Erfahrungen gemacht haben, hatten sie in dem Moment keine Wahl – jemand anders hat für sie bestimmt, die Situation hat sie überwältigt.

In der Arbeit mit dem Atem ist es deswegen besonders wichtig, dass das Individuum, also DU, die Kontrolle hast und selbst bestimmst:

  • wie intensiv du atmen möchtest
  • ob du durch Nase oder Mund atmest
  • wie lange du üben möchtest
  • wann du Pausen brauchst
  • ob du die Augen offen oder geschlossen haben möchtest

Du bist in deiner Praxis am Steuer! Das mag sich zunächst ungewohnt anfühlen, ist aber ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses.

Die Brücke zur Körperweisheit

Unser Atem ist wie eine Brücke zwischen unserem bewussten und unbewussten Selbst. In der Trauma-sensiblen Atemarbeit nutzen wir diese Brücke behutsam, um:

  1. Sicherheit zu etablieren. Durch sanfte Atemtechniken lernt dein Nervensystem, dass es sich entspannen darf. Das Gefühl von Sicherheit ist deswegen so wichtig, weil nur so dein Nervensystem langfristig aus dem „Kampf oder Flucht“-Modus kommen kann und Erfahrungen, die dich vorher darein getrieben und gegebenenfalls darin gefangen halten, loslassen kann.  
  2. Körperempfindungen wahrzuzunehmen. Nur wenn sich dein System sicher fühlt, wird es sich für neue Erfahrungen, Gefühle und Körperempfindungen öffnen. Und nur in diesem (sicheren) Rahmen kannst du wieder in einen tieferen Kontakt mit deinem Körper und dir selbst kommen.
  3. Vertrauen aufzubauen. Die Erfahrung zu machen, dass es okay und sicher ist, Gefühle zuzulassen und deinen Körper bewusster zu spüren, wird das Vertrauen in deinen Körper und seine natürliche Weisheit Stückweise aufbauen und stärken.

Anpassung an deine Bedürfnisse

Jedes Nervensystem ist einzigartig und reagiert unterschiedlich auf verschiedene Atemtechniken. Deswegen ist es wichtig, dass du die Übungen an deine aktuellen Bedürfnisse anpasst:

  • Wenn dein Nervensystem sehr aktiviert ist, beginne am besten mit einer sanften Nasenatmung.
  • Wenn du dich bereits relativ reguliert fühlst, kannst du auch transformative Breathwork-Sessions ausprobieren, um das emotionale Heilungspotenzial des Atems zu nutzen.
  • Nimm dir Pausen, wann immer du sie brauchst.
  • Experimentiere mit verschiedenen Positionen (sitzen, liegen, stehen).
  • Passe die Länge deiner Übungen an deine Tagesform an.

Praktische Integration im Alltag

Während ich in meiner Arbeit als Breathwork Coach und Facilitator natürlich Breathwork Sessions und Coachings ganz bewusst Trauma-sensibel gestalte, ist Trauma-sensibles Breathwork gleichzeitig so viel mehr als eine Technik – es ist eine Haltung der behutsamen Selbstfürsorge.

An dieser Stelle mag ich daher direkt drei Möglichkeiten mit dir teilen, wie du diesen Ansatz in deinen Alltag integrieren kannst:

  1. Mikromomente der Achtsamkeit: Nimm dir über den Tag verteilt Momente, um deinen Atem wahrzunehmen – ohne ihn verändern zu wollen. Das dauert gar nicht lange und häufig musst du dafür nicht mal die Dinge stoppen, die du gerade eh machst. Du kannst deinen Atem während des Spazierengehens, des Geschirr Abwaschens oder während einer Unterhaltung wahrnehmen. Spüre kurz rein, wo du deinen Atem wahrnimmst (am Mund oder der Nase, im Brust- oder Bauchraum) und wie deine Atmung gerade fließt (schnell, langsam, tief, flach). Nimm dabei auch kurz wahr, wie sich deine Atmung anfühlt (beruhigend, stockend, angestrengt?).
  2. Sichere Anker schaffen: Entdecke deine persönlichen Ressourcen, die dir helfen, dich sicher und geerdet zu fühlen. Ressourcen können innere oder äußere Anker sein, mit denen du dich physisch, emotional und mental verbinden kannst, um deinem System zu helfen, zur Ruhe zu kommen. Das können Gegenstände sein, die eine besondere Bedeutung für dich haben (z. B. Fotos, Urlaubs-Souvenirs oder ein Kuscheltier), der Gedanke an eine Person, die du liebst, oder eine positive Erinnerung, die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
  3. Sinne nutzen: Häufig sind wir so viel im Kopf, dass wir gar nicht bewusst wahrnehmen, wo wir sind. Erlaube dir zwischendurch immer mal, ganz bewusst für einen Moment deine Sinne anzuschalten und sie zu nutzen, um das Hier und Jetzt zu erleben: Was kannst du gerade sehen? Was kannst du gerade hören? Was riechst oder schmeckst du gerade? Welche Gegenstände kannst du anfassen und wie fühlen sie sich an?

Persönliche Unterstützung auf deinem Weg

Auch wenn die Integration von Breathwork in deinen Alltag wertvoll ist, empfehle ich dir besonders am Anfang, mit einer erfahrenen Breathwork-Coach*in oder Facilitator*in zu arbeiten.

Wenn du neugierig bist, schau gerne mal bei meinem 1:1 Breathwork Coaching Angebot vorbei. In 1:1 Sessions können wir:

  • gezielt auf deine individuellen Bedürfnisse eingehen.
  • dich dabei unterstützen, deinen eigenen Rhythmus zu finden.
  • dir personalisierte Übungen für zuhause mitgeben.
  • einen sicheren Raum schaffen, in dem alle Gefühle und Erfahrungen willkommen sind.

Ein Weg zu nachhaltiger Heilung

Die Trauma-sensible Herangehensweise an Breathwork mag zunächst weniger spektakulär erscheinen als intensive Atempraktiken. Doch gerade in ihrer Sanftheit liegt ihre transformative Kraft. Sie ermöglicht uns, nachhaltige Verbindungen aufzubauen – zu uns selbst, zu anderen und zur Welt um uns herum.

Diese Art der Arbeit schafft einen Raum, in dem alle Erfahrungen und Gefühle willkommen sind. Einen Raum, in dem du genau so sein darfst, wie du bist. Denn ich bin überzeugt: Echte Heilung beginnt dort, wo wir uns sicher genug fühlen, uns selbst zu begegnen – mit all unseren Geschichten, Ängsten und Hoffnungen.

In einer Welt, die oft nach schnellen Lösungen sucht, lade ich dich ein, den sanften Weg zu wählen. Einen Weg, der dich Atemzug für Atemzug zurück zu dir selbst führt und dir erlaubt, deine eigene Heilungsreise in deinem Tempo zu gehen.

Wenn du mehr über meine Arbeit erfahren möchtest oder ein kostenloses Erstgespräch vereinbaren möchtest, findest du hier weitere Informationen (Link).

Ich freue mich auch über deine Gedanken und Erfahrungen zu diesem Thema in den Kommentaren.

Alles Liebe,

deine Svenja

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
26.11.24
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