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Warum das Thema Sicherheit für mich so wichtig ist

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
13.2.21
10 Minuten Lesezeit
Svenja schaut in die Ferne, hinter ihr das Meer, der Wind weht durch ihr Haar. Sie trägt ein schwarzes Oberteil.

Dieser Artikel ist ein sehr persönlicher. Ich teile hier meine eigene Geschichte mit dir, die ich so vorher noch nicht erzählt habe. Ich möchte dir hierin erklären, warum das Thema (innere) Sicherheit für mich so wichtig ist und von meinem persönlichen Heilungsweg erzählen.

[Trigger Warnung: Sexualisierte Gewalt]

Es ist einer meiner stärksten inneren Antriebe, FLINTA* Personen dabei zu unterstützen, sich freier und sicherer in ihren Leben – und somit freier und sicherer auf dieser Welt – zu fühlen. Heute möchte ich die Hintergründe dazu mit dir teilen, aus denen dieser Antrieb entstanden ist – und diese liegen vor allem in meiner persönlichen Geschichte.

Diesen Artikel und somit meine Geschichte zu veröffentlichen ist für mich ein großes Herzensanliegen, denn ich hoffe, dass ich damit anderen Menschen Mut machen und sie motivieren kann, dass es sich lohnt ihren eigenen Heilungsweg anzutreten. Gleichzeitig ist es auch etwas sehr Verletzliches, denn meine Geschichte habe ich vorher nur mit wenigen geteilt.

Meine Kindheit und Jugend – eine Zeit voller Unsicherheiten

Ich dachte sehr lange, dass ich eine „gute“ oder zumindest „keine schlechte“ Kindheit und Jugend hatte. Wenn ich heute zurückschaue, verstehe ich, dass eigentlich meine gesamte Jugend von großer Unsicherheit geprägt war und ich schon sehr früh das Gefühl verloren habe, dass ich (in dieser Welt) sicher bin.

Bereits in der Grundschule musste meine Mutter häufig ins Krankenhaus, und die Angst, sie zu verlieren, war eine ständige Präsenz in meinem Leben. Diese Erfahrungen führten dazu, dass ich früh lernte, mein Leben durch Organisation und To-Do-Listen zu strukturieren, um ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit zu bewahren.

Mein Vater litt unter einem starken Alkoholproblem, was unsere familiäre Situation weiter verschärfte. Die damit verbundenen Unsicherheiten und Erfahrungen haben mich tief beeinflusst und prägen noch heute mein Verständnis von Sicherheit und Stabilität.

Während meiner Jugend, in der ich auf Dorffesten und in Pubs arbeitete, erlebte ich wiederholt unangemessene Annäherungen und sexuelle Grenzüberschreitungen durch betrunkene Männer. Mit 17 wurde ich sexuell missbraucht.

Ich frage mich heute, wie es sein kann, dass solch ein Verhalten so wenig thematisiert und öffentlich besprochen wird und wieso Alkoholkonsum in unserer Gesellschaft so normalisiert wird, wo er doch dazu führt, dass Menschen psychische und physische Grenzen ihrer Mitmenschen plötzlich problemlos überschreiten.

Damals war es für mich normal und ich habe vieles einfach hingenommen. Über den sexuellen Übergriff habe ich 15 Jahre lang nicht gesprochen – vor allem wohl auch, weil ich ihn komplett verdrängt hätte.

Der Wendepunkt mit #MeToo – meine Heilungsreise begann

Die #MeToo-Bewegung 2017 war ein entscheidender Moment für mich. Dass plötzlich so viele Menschen über ihre Erfahrungen öffentlich sprachen, führte dazu, dass auch meine eigenen Erfahrungen wieder hochkamen und ich mich mit meinen eigenen traumatischen Erlebnissen auseinandersetzen musste. Es dauerte ein paar Jahre, bis ich den Mut fand, professionelle Hilfe zu suchen und damit zu beginnen, meine Erlebnisse aufzuarbeiten.

Durch Breathwork und Somatic Experiencing habe ich gelernt, die gespeicherten Gefühle meines Körpers zu erkennen und zuzulassen. Beide Methoden haben mir geholfen, ein neues Gefühl von Sicherheit und Freiheit zu entwickeln, das ich nach wie vor stetig weiterentwickeln darf.

Ich teile meine Geschichte heute nicht, weil ich „geheilt“ bin, sondern um zu zeigen, dass der Weg zur Heilung kontinuierlich ist. Ich bin noch lange nicht am Ende meiner eigenen Reise und meines Heilungsprozesses – ich weiß, dass da noch viel Kapazität ist mich selbst noch freier und sicherer zu fühlen!

Gleichzeitig muss jeder Mensch seinen eigenen Weg finden. Ich habe bis heute nie offiziell eine Therapie gemacht, um an meinem Trauma zu arbeiten, da ich mich zu jedem Moment sicher gefühlt habe mit den Coach*innen und Mentor*innen, die mich auf meinem Weg begleitet haben.

Ich mag allerdings einmal darauf hinweisen, dass in Deutschland Trauma eigentlich ausschließlich von ausgebildeten Psychotherapeuten „behandelt“ werden darf. Es war meine eigene Entscheidung, einen anderen, für mich ganzheitlicheren Weg der Heilung einzuschlagen. Dies bedeutet weder, dass ich Psychotherapie im Allgemeinen ablehne, noch dass es für andere Menschen mit einer ähnlichen Vergangenheit oder Geschichte wie meiner nicht sehr wohl hilfreich sein kann, Psychotherapie in Anspruch zu nehmen.

Ich kann an dieser Stelle lediglich sagen, dass ich glaube, den für mich richtigen Weg gegangen zu sein und auch immer noch zu gehen. Meine Reise hat mich dazu inspiriert, anderen zu helfen, sich sicherer zu fühlen und ihren eigenen Weg zu einem freieren Leben zu gehen.

Zum Abschluss habe ich noch eine persönliche Bitte und eine Grenze: Ich freue mich, wenn du nach dem Lesen dieses Artikels den Impuls fühlst, deine Gedanken mit mir und anderen Lesern zu teilen.

Ich möchte dich jedoch darum bitten, achtsam, bewusst und empathisch mit deinen Worten umzugehen. Dieses Thema ist für mich – genau wie für viele andere Menschen – ein besonders empfindliches, und ich möchte, dass wir hier nach einer liebevollen, rücksichtsvollen Verbindung miteinander streben.

Ich danke dir von Herzen, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Geschichte zu lesen und hoffe, dass ich dir auf diesem Weg etwas deutlicher machen konnte, warum das Thema innere Sicherheit mir persönlich so wichtig ist. Es ist mir ein großes Anliegen mit meiner Arbeit dazu beizutragen, dass sich alle Menschen in ihren Leben und auf dieser Welt freier und sicherer fühlen können!

Alles Liebe,

deine Svenja

Ein Portrait-Foto von Svenja, mit dem Meer im Hintergrund. Svenja lacht in die Kamera.
Svenja Tasler
13.2.21
10 Minuten Lesezeit